Viele Menschen scheinen keine Erste Hilfe leisten zu wollen, weil sie rechtliche Konsequenzen befürchten. Zu Recht? Unterlassene Hilfeleistung: Strafe droht nur demjenigen, der bewusst wegschaut. Hier die klassischen Argumente von Erste-Hilfe-Muffeln – und was man ihnen erwidern kann.
Unterlassene Hilfeleistung: Strafe droht grundsätzlich jedem, der bei einem Unglücksfall nicht unverzüglich die ihm bestmögliche und seinen Fähigkeiten entsprechende Hilfe leistet.
So steht es im Strafgesetzbuch (StGB). Der Laie nennt das unterlassene Hilfeleistung (StGB § 323c, „Pflicht zur Hilfeleistung“). Hiervon befreien auch nicht körperliche Einschränkungen, Behinderungen oder Altersgebrechlichkeit. Selbst wenn weitere Maßnahmen dem Helfer zum Beispiel wegen Eigengefährdung nicht möglich sind – einen Notruf abzusetzen bzw. die Unglücksstelle abzusichern, ist jedem zumutbar.
Siehe auch "Erste Hilfe in Corona-Zeiten ?"
„Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft“.
Des weiteren wird man Maßnahmen wie Blutstillung, stabile Seitenlage und Herz-Lungen-Wiederbelebung von einem gesunden Ersthelfer verlangen dürfen. Das gilt umso mehr, wenn er Führerscheininhaber ist.
Ausnahmen kennt das Gesetz nur wenige. Hierzu zählen die Eigengefährdung (brennendes Haus, reißendes Gewässer) oder die Verletzung anderer wichtiger Pflichten durch die unmittelbare Hilfeleistung. Wie verhält es sich also mit den klassischen Argumenten, die Erste-Hilfe-Muffel vorbringen?
Merke: Jeden trifft die Pflicht, zu helfen und die erlernten Maßnahmen einzusetzen. Strafbar macht sich, wer eine Hilfeleistung unterlässt und dabei billigend in Kauf nimmt, dass einer verletzten oder erkrankten Person keine Hilfe zuteil wird.
Ergreift der Ersthelfer mit der gebotenen Sorgfalt und seinen Fähigkeiten entsprechende Maßnahmen, entfällt eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Körperverletzung oder fahrlässiger Tötung. Der Ersthelfer befindet sich in einer akuten Ausnahmesituation und ist kein medizinischer Profi. Insofern trifft ihn nicht einmal dann ein Schuldvorwurf, wenn sich der Gesundheitszustand durch eine falsche Maßnahme wider Erwarten verschlechtert.
Deshalb gilt grundsätzlich: Kein Ersthelfer muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn er seinen Fähigkeiten entsprechend die bestmögliche Hilfe leistet und so handelt, wie er es gelernt hat. Selbst wenn ihm Fehler unterlaufen, besteht kein Risiko.
Rechtlich am gefährlichsten ist eindeutig das „Wegschauen“. Dem Gesetzgeber kommt es gerade darauf an, dass anderen Erste Hilfe geleistet wird. Bestraft wird also das sozialschädliche Verhalten, nicht der unbeabsichtigte Fehler.
Quelle: rettungsdienst.de